Jacopo Stradas Magnum ac Novum Opus

DFG-Projekt „Jacopo Stradas Magnum ac Novum Opus. Ein numismatisches Corpus des 16. Jahrhunderts“

Als im Dreißigjährigen Krieg die Schweden die Kunstkammer des Herzogs von Bayern in München plünderten, wurde ihr bekanntestes Objekt aufgeteilt: das Corpus mit numismatischen Zeichnungen von Jacopo Strada, Magnum ac Novum Opus continens descriptionem vitae, imaginum, numismatum omnium tam Orientalium quam Occidentalium Imperatorum ac Tyrannorum, cum collegis ac coniugibus liberisque suis, usque ad CarolumV. Imperatorem. Die vier Bände mit den Darstellungen der Münzen der Römischen Republik kaufte Thomas Howard, Earl of Arundel. Sie befinden sich heute in der British Library in London. Die 29 Bände mit den kaiserlichen Münzen hingegen gelangten in die Bibliothek des Herzogs Ernst des Frommen von Sachsen-Gotha-Altenburg. Zwei weitere Bände mit ähnlichen Münzzeichnungen, die offensichtlich nie nach München gelangten, finden sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek. Sie gehörten wohl ebenfalls zu dem Münzcorpus. Dieses wurde in damaliger Zeit als so bedeutend angesehen, dass es der allererste Eintrag im Verzeichnis der Münchner Kunstkammer von 1592 war. Strada hat wahrscheinlich einen Dukaten für jede der ca. 9000 Zeichnungen erhalten, in Feder und Tusche auf Folio ausgeführt. Sie waren von seinem ersten Patron, Hans Jakob Fugger, bei ihm in Auftrag gegeben worden. Herzog Albrecht V. von Bayern erwarb die losen Blätter später, zusammen mit Fuggers Bibliothek und Sammlung. Er ließ sie prachtvoll in rotes Leder binden und die Einbände mit seinem Porträt und Wappen versehen.

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Obwohl dieses Münzcorpus der Römischen Republik und des Kaiserreichs damals sehr hoch geschätzt wurde, ist es bis heute nicht eingehender untersucht worden. Die Gründe dafür liegen im Aufschwung der wissenschaftlichen numismatischen Forschung Ende des 18. Jahrhunderts. Da das Corpus deren Anspruch nicht mehr genügte, verlor es sehr an Renommee. Darüber hinaus hatte Herzog Albrecht nicht die komplementären Münzbeschreibungen Stradas erworben, ein separates Werk, das in zwei Kopien in Wien und Prag überliefert ist, mit dem Titel A A A NumismatΩn Antiquorum  ΔΙΑΣΚΕΥΕ. Daher wurden dessen Beschreibungen nie mit den Zeichnungsbänden vereint. Diese elf Bände enthalten strukturierte und methodiosche Beschreibungen und Anmerkungen der gezeichneten Münzen und Herkunftsangaben, wo Strada sie gesehen hat. Damit ist eine genaue Untersuchung von Stradas Interpretationen der Münzen möglich, wodurch sich wiederum die Möglichkeit eröffnet, die Herangehensweise der damaligen Antiquare im Detail zu studieren.

Die wichtigste Voraussetzung für diese vergleichenden Studien ist – in einem ersten Schritt – die Digitalisierung von Zeichnungen und Texten, um sie wieder zusammenzubringen. Im Rahmen der Datenbank des Census of Antique Works of Art and Architecture known in the Renaissance, dem Projektpartner, wird diese Digitalisierung ermöglicht, damit Zeichnungen und Texte den Forschern und weiteren interessierten Personen zukünftig zur Verfügung stehen. Durch den Vergleich von Text und Bild und in Verbindung mit Archivmaterial soll versucht werden, Stradas eigentliche Anordnung des Magnum Opus zu rekonstruieren. Diese Ordnung ging wegen der Bindung in einzelne Bände durch Herzog Albrecht verloren.

In einem zweiten Schritt werden Stradas Münzzeichnungen und Beschreibungen mit Originalmünzen verbunden, die im Census enthalten sind bzw. entsprechend neu eingegeben werden. Erst dadurch – nämlich anhand seiner Textbeschreibungen und der bildlichen Darstellungen, die bis zu fünfmal größer sind als die Originalmünzen – wird eine genaue Analyse möglich, wie Strada mit Quellen umging. Zusammen mit Stradas einzig gedrucktem numismatischen Werk, den Epitome Thesauri Antiquitatum, erschienen in Lyon 1553, den Einleitungen zu seinen Münzwerken sowie der Korrespondenz mit seinem Patron Fugger soll seine numismatische Methode erforscht und mit der damaligen Vorgehensweise der zeitgenössischen Antiquare verglichen werden. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem möglichen Einfluß der Accademia della Virtù in Rom, einem Kreis von Antiquaren, Geistlichen und Künstlern, die sich intensiv mit dem Studium Vitruvs und der klassisch-römischen Architektur auseinandersetzten. Sowohl Fugger als auch Strada standen in Kontakt mit verschiedenen Mitgliedern dieses Kreises. Gleichfalls soll Stradas Praxis der Beschäftigung mit Münzen mit derjenigen seiner Patrone verglichen werden, nämlich der Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. ergänzend zu Fugger und dem Herzog von Bayern. Denn Stradas Magnum ac novum opus muss auch mit der umfassenden Sammlung der Kunstkammer in München im Zusammenhang gesehen werden, die unter Fuggers Aufsicht entstand und an deren Ausstattung Strada selbst sehr deutlich beteiligt war. Ein wichtiges Ziel ist es daher, den Platz des Münzcorpus in diesem Kunst- und Sammlungskomplex genauer zu bestimmen.

Als Ergebnis des Projekts soll eine digitale Edition der Zeichnungen von Stradas Magnum ac novum opus und der dazugehörigen Beschreibungen des A A A NumismatΩn Antiquorum ΔΙΑΣΚΕΥΕ entstehen, die über die Datenbank des Census of Antique Works of Art and Architecture known in the Renaissance allgemein zugänglich sein soll. Zusätzlich sollen in einer Monographie ausgewählte Zeichnungen Stradas zusammen mit seinen Kommentaren und den Quellen veröffentlicht werden, auf die er seine Interpretationen stützt. Darüber hinaus soll die Monographie eine genaue Zustandsbeschreibung des Materials enthalten und dessen Herkunft rekonstruiert werden, wobei der ursprüngliche Auftrag und dessen Umsetzung in Stradas Werkstatt ebenfalls untersucht werden sollen. Dies umfaßt auch die Rekonstruktion der Reihenfolge der Münzzeichnungen, wie Strada sie ursprünglich geplant hatte. Ein Anhang soll eine Auswahl von Transkriptionen und Übersetzungen der wichtigsten Textstellen enthalten. Schließlich soll die Monographie eine Reihe von Beiträgen insbesondere zu folgenden Fragen enthalten: zu Stradas künstlerischer Persönlichkeit, wie sie sich in den Münzzeichnungen darstellt; zum Stellenwert des Magnum ac novum opus in der Wissenschaftsgeschichte der Numismatik und im Kontext der antiquarischen Studien im 16. Jahrhundert sowie zum Stellenwert antiker Münzen und deren Dokumentation in humanistischen und adligen Kreisen und an Fürstenhöfen.

Zur Ankündigung der Veranstaltung: Jacopo Stradas numismatische Werke. Ein Zwischenbericht, 20. April 2017

Zur Projektbeschreibung auf der Homepage des Forschungszentrums Gotha

Laufzeit: 2015-2018

Projektleitung:
Prof. Dr. Martin Mulsow

Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Volker Heenes
Dr. Dirk Jacob Jansen

Projektpartner:
Forschungsbibliothek Gotha
Census of Antique Works of Art and Architecture Known in the Renaissance
Humboldt-Universität zu Berlin
Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Abbildung: Jacopo Strada, Magnum ac Novum Opus continens descriptionem vitae, imaginum, numismatum omnium tam Orientalium quam Occidentalium Imperatorum ac Tyrannorum, cum collegis ac coniugibus liberisque suis, usque ad Carolum V. Imperatorem, Forschungsbibliothek Gotha, ms. Chart. A 2175, vol. 1, fol. vi r., title page.